Vorsegelvarianten

So unterschiedlich wie unsere Yachten sind, so unterschiedlich sind die Ansprüche, die Erfahrung und das Bestreben nach der jeweiligen optimalen Beseglung. Gerade bei den „Amwind-Vorsegeln“ ist es oft schwierig, die richtige Wahl zutreffen.

Vorsegel­wahl im Binnenrevier

Wer auf einem Binnenrevier unterwegs ist oder nur Tagestouren segelt, wird sich in der Regel schon im Hafen für das richtige Vorsegel entscheiden und einen Segelwechsel über den Tag vermeiden

Optimal für ein schlankes Rigg

Glücklich schätzen können sich auch alle Segler, die ein hohes schlankes Rigg mit einem kleinen Vorsegeldreieck und einem großem Großsegel ihr Eigen nennen. Hier ist der Segelplan in den meisten Fällen so gezeichnet, dass man mit der Genua 3 oder der SW-Fock fast alle Bereiche abdecken kann. Wenn dann noch ein CodeZero an Bord ist, sind alle Voraussetzungen für schnelles, sicheres und arbeitsarmes Segeln gegeben.

Rollreff­anlagen und ihre Vorteile

Bei der überwiegenden Mehrzahl der Fahrtenyachten ist die Situation aber eine andere. Gerade auf längeren Urlaubsreisen werden die Yachten häufig von Ehepaaren, also einer 2 Mann/Frau Crew, gesegelt. Früher oder später kommt der Wunsch bei den meisten Crews auf, aus den bereits oft befahrenen Revieren auszubrechen und zu neuen Ufern zu starten. Spätestens jetzt werden auch längere Tagestouren, Übernachtfahrten und sogar Törns über mehrere Tage eingeplant. Dies führt wiederum zwingend dazu, sich Gedanken über mögliche und einfache Vorsegelwechsel zu machen. Die Wind- und Wetterbedingen werden über so lange Zeiträume nicht konstant sein. Ist die Yacht noch klassisch mit Stagreitern ausgerüstet, ergibt sich die Lösung von alleine. Bei zunehmendem Wind müssen die größeren Vorsegel runter und kleinere Tücher gesetzt werden. Dies macht Arbeit, ist aber relativ sicher und einfach zu erledigen.

Heraus­forderungen der Rollreff­anlagen

Doch wer fährt heute noch Stagreiter? Die so ausgerüsteten Yachten bilden nur noch eine sehr kleine Minderheit. Die große Mehrzahl der Yachten ist inzwischen mit Rollreffanlagen ausgerüstet. Dies hat viele, auch sehr vernünftige Gründe, zum einen kann das Vorsegel bei allen Manövern schnell, einfach und sicher weggenommen werden, ein klarer Vorteil. Zum anderen kann im Notfall das Segel gerollt und so gerefft werden. Dies ist angenehm und schnell gemacht, birgt aber eine ganze Reihe von Nachteilen. So muss das Segel für ein Rollreffen ausgelegt sein. Sprich, es muss aus schwererem Tuch gefertigt werden. Ein klarer Nachteil bei wenig und mittlerem Wind! Das Segel wird nicht den optimalen Vortrieb erzeugen. Ein weiterer Minuspunkt ergibt sich aus dem Aufrollen selber. Bei diesem Vorgang wird das Segelprofil, also der „Bauch“, des Segels immer weiter nach hinten gedrückt und dies bei einem kürzer werdendem Unterliek. Das Segel wird zu bauchig und dies auch noch bei höheren Windgeschwindigkeiten und bei zunehmender Welle. Der Vortrieb und vor allen Dingen der Komfort an Bord leidet sehr stark. Für den Fahrtensegler, der nur kurze oder mittlere Strecken segelt, mag dies ggf. akzeptabel sein, für die Langfahrtsegler auf keinen Fall. Ein Segelwechsel an der Rollanlage mit einer zwei Personencrew, oder gar bei Einhandseglern, ist äußerst schwierig. Sobald das Fall gefiert wird und das Vorliek aus den Aluprofilen rutscht, wird das gesamte Segel nur noch am Kopf, Hals und Schot gehalten und dabei nicht einmal genau fixiert, sondern an Deck schlagend. Dies alles bei zu nehmenden Wind und Welle. Wer will sich dieses Manöver antun?

Kutterstag als Lösung für kleine Crews

Da stellt sich die Frage: Wie kann eine vernünftige Lösung aussehen? Aus unserer Sicht ist es von Größe der Yacht abhängig, wie dem Problem beizukommen ist. In jedem Fall sollte sich eine kleine Crew, die über weitere Strecken segelt, mit einem Kutterstag auseinandersetzen.
Über die Position an Deck und am Masttopp muss im einzelnen Fall entschieden werden. Dabei ist aus aerodynamischer Sicht der richtige Abstand zur aufgerollten Genua sehr wichtig. Bei einer Yachtgröße von 10m sollte er min. 60cm betragen, bei einer 12m Yacht sind es schon 80 bis 90cm.

Entscheidung zwischen Stagreitern und Rollanlage

Eine vernünftige Kraftaufnahme an Deck ist für jeden Eigner einer Yacht selbstverständlich. Doch auch die Krafteinleitung in das Rigg muss wohl überlegt sein. Oft reicht es nicht, einen soliden Beschlag an den Mast anzubringen, sondern die eingeleitete Kraft muss auch weiter verteilt werden. Hier stehen das Achterstag, unter Umständen Backstagen oder stark gepfeilte Salinge zur Auswahl. Spätestens jetzt muss ein Fachmann an Bord, sei es ein Mastenbauer, ein Segelmacher, ein Bootsbauer oder ein Yachtkonstrukteur. Sind die beiden Befestigungspunkte ausgewählt und montiert, steht die nächste Frage an: Stagreiter oder Rollanlage? Beide Varianten haben ihre Vor- und ihre Nachteile.
Wird die Kutterfock mit Stagreitern gefahren, ist das Stag einfach wegzubinden sobald das Segel nicht genutzt wird. Es hängt dann am Mast wie ein ungenutztes Genuafall. Sehr angenehm ist auch das geringe Toppgewicht.
Anders bei der Rollanlage: Diese ist fest montiert und bringt damit ein deutlich höheres Gewicht in das Rigg. Bei jeder Wende mit der großen Genua stört das Stag und führt ggf. dazu, dass das große Vorsegel in jeder Wende auf- und wieder abgerollt werden muss. Punkten kann hier die fest installierte Rollanlage mit wichtigen Argumenten wie z. B. der Sicherheit und die extrem leichte Bedienung.
Ein Segelwechsel erfolgt aus dem geschützten Cockpit und ist ohne großen Kraftaufwand von einer Person zu bewältigen. Ein kleiner, aber angenehmer, Nebeneffekt ist, dass Segel nicht zusammengelegt werden müssen und damit nasse Segel nicht unter Deck kommen. Selbst bei der eigentlichen Segelauswahl ist einiges zu beachten. Hier ist es wichtig, dass das Kutterstagsegel nicht zu klein wird. Die Yacht soll ja noch gut segeln und auch bei starker Welle ihre Manöverfähigkeit nicht einbüßen. Andererseits darf das Segel nicht zu groß sein. Mit einer Kutterfock müssen alle Schwerwetterbedingungen, bis hin zum Einsatz der Sturmfock, gemeistert werden.

Segelauswahl und Beratung

Hier sollte ein erfahrener Segelmacher die Beratung an Bord übernehmen. Selbstverständlich ist eine Beratung auch auf der Grundlage eines guten Segelplans oder eines Aufmaßes möglich. Werftangaben, Bilder oder telefonische Beschreibungen reichen aber in alle Regel für ein fundiertes Gespräch nicht aus. Das Segeltuch ist ein weiterer wichtiger Baustein. Hier hängt die Entscheidung ebenfalls von mehreren Faktoren ab. Wie viel Geld soll investiert werden? Wird gerollt und ggf. auch gerollrefft? Wird ein Stagreitersegel immer ordentlich zusammengelegt oder muss es eine schlechtere Behandlung aushalten. Wie wichtig ist dem Eigner im Sturm noch der gute Vortrieb?

Der Eigner einer Yacht muss sich mit vielen Fragen und Überlegungen auseinandersetzen, wenn die Yacht mit einem optimalen Vorsegelsystem ausgerüstet werden soll. Die überwiegende Mehrzahl dieser Punkte muss individuell geklärt werden, gerne stehen wir Ihnen dabei mit Rat und Tat zur Seite.

Kontakt